Erste SMW Wanderung der Geschichte
Autor: Laura Gabriel
«Hey wäg der wanderig morn… isch ds gschyd bi sore krasse gwitterei uf bärgli z gah?
Aso räge allei ischmer schnuppe, i ha gnue märsch hinger mer… aber so ärdrütsch u blitze…?»
Als ob ich nicht schon genug aufgeregt gewesen wäre, erreichte mich um 21:01 Uhr am Tag vor der Wanderung diese Nachricht. Erneut überprüfte ich die Prognosen von etwa drei unterschiedlichen Wetterseiten, um mir ein möglichst umfassendes Bild der Lage zu machen. Fakt war, es würde regnen, stark regnen. In den letzten Wochen hatte ich diesen Ausflug bis ins kleinste Detail geplant und versucht, alle möglichen Störfaktoren zu berücksichtigen. Aber dass es zwei Tage schütten sollte, konnte ich einfach nicht glauben. Zur Sicherheit konsultierte ich noch die Hüttenwartin und einen erfahrenen Berggänger aus meinem Bekanntenkreis. Beide schätzten die Lage nicht ganz so schlimm ein wie ich, daher konnte ich wenigstens ruhig schlafen.
Die Reise am nächsten Tag begann schon mal fantastisch: Der Zug nach Flüelen hatte irgendwelche Probleme und fiel aus. Trotz Zugverspätungen und miserablen Wetterprognosen fanden sich dann doch 25 (grundsätzlich motivierte) Materialwissenschaftler im Postauto ins Schächental ein. Niemand hatte sich abgemeldet! Entweder hatten meine Drohungen bei allfälligem Nicht-Erscheinen imponiert oder alle wollten unbedingt im Regen wandern gehen.
Als wir loswanderten, waren die Wolken dann doch nicht so dicht und ich als Optimistin hatte mir sogar Sonnencrème aufgeschmiert. Die Stimmung war entsprechend gut und es wurde fröhlich geschwatzt. Mit zunehmender Steigung nahm der Lärmpegel jedoch stetig ab und irgendwann kam dann die unvermeidliche Frage: “Wie lang gaht’s no?”. Den Aufstieg überstanden alle gut und wir wurden mit einem Mittagessen an einem kleinen Seelein belohnt. Unser Timing war perfekt – sobald alle ihre Sandwiches ausgepackt hatten und Henry bereit war in den See zu springen, fing es an zu tröpfeln… Henry wagte den Sprung in den Tümpel dann doch noch.
Immer durchnässter vom Regnen brachen wir dann bald wieder auf und marschierten mehr oder weniger motiviert in Richtung Hütte. Angekommen im Naturfreundehaus Rietlig, begrüsste uns die Hüttenwartin herzlich und wir fühlten uns sofort wohl. Zu unserem Glück waren wir die einzigen Gäste und mussten somit den Lärmpegel nicht allzu tief halten. Nachdem wir unsere Kajütenbetten und Massenlager bezogen hatten, waren plötzlich alle verschwunden. Wir konnten es kaum glauben, doch die Sonne zeigte sich solidarisch und liess uns einen Apéro auf der wunderbaren Terrasse geniessen. Das vom Regen durchnässte Sandwich war so bald vergessen.
Zum Znacht gab es viele Kohlenhydrate und anschliessend eine hausgemachte Heidelbeercrème. Alle waren zufrieden und wir liessen den Abend mit Spielen und Gesprächen ausklingen. Vernünftige Studenten, wie wir es sind, begaben wir uns noch vor Mitternacht in unsere Schlafsäcke.
Am nächsten Morgen wanderten wir, gestärkt mit einem guten Hüttenfrühstück, im Nebel los. Die Atmosphäre war wunderschön – die Bäume wirkten saftig grün und die Wolken liessen ein paar Bergspitzen frei. Irgendwann begann es zwar wieder zu tröpfeln, doch wir marschierten zielstrebig weiter. Im Nebel durchquerten wir schöne Nadelwälder und saftige Blumenwiesen. Das Postauto verpassten wir unglücklicherweise um wenige Minuten! Das zwangsweise Warten während zwei Stunden auf kaltem Betonboden spornte uns aber erst recht an: Als Materialwissenschaftler legten wir natürlich das am besten isolierende Material auf den Boden und machten es uns darauf gemütlich. Die Zeit verging so wie im Flug und bald bestiegen wir, immer noch durchnässt, aber glücklich, das Postauto.